Indien ist die Inspirationsquelle vieler Designer und Parfumeure. Karl Lagerfeld präsentierte jüngst seine Paris-Bombay Kollektion und auch in der Parfumwelt lese ich in letzter Zeit immer häufiger von Indien. Comptoir Sud Pacifique bringt Souffle des Indes auf den Markt, den ich leider noch nicht testen konnte; dafür habe ich mich ausführlich mit der neuen Linie von Neela Vermeire auseinandergesetzt. Die in Paris lebende Inderin setzte ihr erstes Duft-Trio mit Parfumeur und Indien-Liebhaber Bertrand Duchaufour um. Die drei Parfums stehen für drei historische Epochen in Indien.
Trayee repräsentiert die vedische Periode mit ihren Ritualen und Tempel-Zeremonien, Ayurveda, Yoga und dem holistischen Streben nach Weisheit. Kardamom ist der rote Faden, den ich als das Bindeglied zwischen den drei Düften sehe; ein Gewürz, das auch in der indischen Küche eine Hauptrolle spielt. In Trayee dominiert er die Kopfnote und erinnert mich an die grünen Spitzen in Traversée du Bosphore, den Bertrand Duchaufour für L’Artisan Parfumeur schuf. Trayee ist eine friedliche Explosion von Gewürzen, Kräutern, Hölzern und sanfter Vanille in der Basis. Ingwer, Safran, Gewürznelke, Zimt – mmh. Schwarze Johannisbeere gibt dem Duft einen fruchtigen Aspekt, dessen Anklänge sich bis in die Basis schlängeln. Ohne die dunkle Beere wäre der Duft mir auch fast zu trocken. Eine sehr meditative, spirituelle Kreation, très joli!
Noten: Ingwer, Elemi-Öl, Zimtrinde, Ganja, schwarze Johannisbeere, Basilikum, Jasmin, Kardamom, Gewürznelke, Safran, Sandelholz, Vetiver, Weihrauch, Patchouli, Myrrhe, Vanille, Zeder, Amber, Oud, Eichenmoos
Mohur steht für die Zeit, als Indien britische Kolonie war. Der Duft ist eine Hommage an Noor Jahan, die Lieblingsfrau des Kaisers Jahangir. Mohur ist ein zauberhaft zarter Rosenduft, der, betrachtet man die Liste der Ingredienzen, sehr verwundert. Er ist weder schwer, noch dunkel, sondern vielmehr milchig und transparent, aber mit einer markanten Basis. Ich liebe die Kombination von Iris und Karotte; kombiniert mit Rose ergibt sich das perfekte Dreigestirn. Kardamom sorgt für den indischen Twist und auch Mohur erinnert mich auf seine Weise an Traversée du Bosphore. Vanille, Mandelmilch und Tonkabohne bringen Süße ohne zu erschlagen. Oud, Leder, Patchouli, Amber? All diese Ingredienzen verleihen nur eine Nuance ohne den Duft zu dominieren. Indien in Pastellfarben. Und der Duft hat eine englische Teerose hinterm Ohr stecken, of course, die Rede war ja von Britisch-Indien, nicht wahr?
Noten: Kardamom, Koriandersamen, Ambrette Samen, Karotte, schwarzer Pfeffer, Elemi-Öl, Rose, Jasmin, Iris, Weißdorn, Mandelmilch, Veilchen, Leder, Sandelholz, Amber, helle Hölzer, Patchouli, Oud, Benzoe, Vanille, Tonkabohne
Bombay Bling ist der Wahnsinn. Ein Parfum, als würde man in eine Schale mit köstlichen, reifen Früchten eintauchen. Mango, Lychee und schwarze Johannisbeeren gemischt mit Rosenblättern und einer Prise Cumin. Man befindet sich augenblicklich in einem Bollywood Film. Habt ihr schon mal einen gesehen? Nein? Dann wird es Zeit. Meinen ersten Bollywood Film habe ich mir im Rahmen der Berlinale angesehen, ich war beauftragt, ein Interview mit dem Regisseur Yash Chopra zu machen – ich hatte ja keine Ahnung! Als die Darsteller plötzlich anfingen zu tanzen und mit diesen fremdartig hohen Stimmen zu singen, konnte ich mich vor Lachen kaum auf meinem Sitz halten. Es war Veer-Zaara mit dem indischen Superstar Shah Rukh Khan. Bombay Bling steht definitiv für das zeitgenössische Indien. Ständig in Bewegung, eklektisch, modern, liberal, ekstatisch. Der süße Cocktail lässt einen die ganze Nacht durchtanzen. Hört ihr die Musik? Dieser Duft ist so unglaublich inspirierend. Ein Fruchtmix, der nicht an ein Teeny-Duschgel erinnert, sondern so sinnlich ist, wie selten ein Duft. Das ist die hohe Kunst. Es ist ganz eindeutig die Mischung von schwarzer Johannisbeere und Cumin, die diese besondere Wirkung erzeugt. Riecht noch jemand außer mir den Männerkörper in Bombay Bling?
Noten: Mango, Lychee, schwarze Johannisbeere, Kardamom, Cumin, Zistrose, Rose, Jasmin, Ylang-Ylang, Gardenie, Tuberose, Frangipani, Patchouli, Tabak, Sandelholz, Zeder, Vanille
Die Neela Vermeire Linie – und im Speziellen Bombay Bling – hat mich absolut begeistert. Man stelle sich einen Restaurantkritiker vor, der etwas völlig Unerwartetes auf der Zunge hat und vor Erstaunen die Augen aufreißt. Genau so.
Wart ihr schon in Indien? An welchen Geruch erinnert ihr euch?
Photo: Norman Parkinson